Janine Berg-Peer/ März 17, 2020/ Alle Artikel, Angehörige, EX-IN, Kritisches/ 0Kommentare

Trotz Corona ist Zuwendung für psychisch Erkrankte wichtig!

Schwierige Zeiten, überall ist von Krankheit, Ansteckung, Ausbreitung, Epidemie, Gefahren, gefährlichen Zonen die Rede. Wichtig ist es, dass wir uns alle isolieren. Wenig Kontakt, großer Abstand, keine Freunde treffen, kein Kino, kein Restaurantbesuch, auch keine Besuche zuhause. Das ist alles wichtig und wir sollten es befolgen. Aber Distanz muss nicht bedeuten, dass wir uns nicht mehr umeinander kümmern. Distanz bedeutet nicht, dass wir jede Art von Kontakt zu anderen Menschen vermeiden. Körperliche Kontakt sollten wir vermeiden und Sicherheitsabstände wahren. Aber gerade jetzt zeigt sich der Segen moderner Kommunikationsmittel. Anrufen, skypen, mailen, whatsappen, alles geht. Wir können über Facebook, Twitter, TikTok oder Instagram miteinander in Kontakt bleiben, uns sogar gegenseitig aufmuntern.

Trotz Corona ist Zuwendung für psychisch Erkrankte wichtig!

Besonders für die ohnehin oft isolierten Menschen mit einer psychischen Erkrankung kann diese Zeit negative Auswirkungen haben. Nicht nur, dass sie auch selbst Angst haben und sich überlegen, ob sie zu den im Sinne des Virus vulnerablen Personen gehören. Si sind vielleicht ohnehin geschwächt durch die Medikamente oder auch durch kein besonders gesundes Leben. Sie haben oft wenig Bekannte, die für sie einkaufen können, sich etwas zu bestellen, kann ins Geld gehen, was oft nicht vorhanden ist. Wir sollten hier kreativ sein und uns überlegen, wie wir es schaffen, trotz Epidemie einen Kontakt zu unseren oder auch anderen Betroffenen wahren, damit sie sich nicht allein fühlen. Regelmäßige Telefonate, whatsapp oder auch skypen können gegen die soziale Isolierung wirken, die sich für Betroffene besonders negativ auswirken kann.

Trotz Corona ist Zuwendung für psychisch Erkrankte wichtig!

Es kann aber auch sein, dass es unseren Betroffenen inzwischen so gut geht, dass sie etwas für uns  tun können: Einkaufen, ein Paket von der Post holen oder wegbringen. Es gibt Vieles, was uns älteren Angehörigen helfen kann. Und für die Betroffenen kann es eine schöne Situation sein, auch etwas zurückzugeben. Natürlich immer nur bis zur Wohnungstür – Briefumschlag mit Geld hinlegen, das Gekaufte wird dann wieder vor die Tür gelegt. Vorsicht ist wichtig.

Ich möchte mir nicht vorstellen, wie es einem Menschen in einer Manie, Depression oder Psychose gehen könnte, der sich angesteckt hat, wenn er mit vielen anderen im Krankenhaus auf einer Quarantänestation eingesperrt ist! Also: Vorsicht ist extrem wichtig, aber nicht Freundlichkeit und Zuwendung vergessen, gerade für unsere erkrankten Familienmitglieder oder natürlich auch Freunde.

Trotz Corona ist Zuwendung für psychisch Erkrankte wichtig!

Übrigens interessant: Die ambulante Betreuerin meiner Tochter hat den Termin abgesagt (Corona!), aber meine Tochter und ihre Kolleg/innen betreuen weiter Klienten, auch in deren Wohnung, weil sie, die Teammitglieder, systemrelevant sind. Eigentlich sollte das von allen sozialpsychiatrischen Institutionen gleich gehandhabt werden, oder?

Bis bald und bitte bleibt alle gesund!

Über Janine Berg-Peer

Wir bieten monatlich kostenlose Online-Gruppen für Angehörige an. Jeder kann sich anmelden. Termin finden Sie weiter oben im Blog. Alle zwei Monate bieten wir auch englische Online-Gruppen an. Janine: Seit 65 Jahren bin ich Angehörige: Meine Mutter litt an einer bipolaren Erkrankung und meine Tochter erhielt vor 28 Jahren die Blitzdiagnose (zehn Minuten) Schizophrenie. Kurz danach einigten die Profis sich darauf, dass sie an einer bipolaren Erkrankung leidet. Wir hatten gemeinsam schlechte, aber mehr gute Zeiten. Selten sind Menschen mit Krisengefährdung ja immer krank. Henriette: Heute "leide" ich gar nicht mehr an meiner bipolaren Erkrankung. Nein, sie ist nicht weg, aber mir geht es gut mit einer kleinen Dosis an Medikamenten und einem sozialen und sozialpsychiatrischen Netzwerk, das mich stützt. Ich arbeite seit über zehn Jahren als Genesungsbegleiterin, zunächst als ambulante Betreuerin, jetzt seit drei Jahren im Krankenhaus, was mir sehr viel Spaß macht. Dazu gehören auch Workshops mit Polizei, Angehörigen oder auch Pflegeschüler:innen. Gemeinsam unterstützen wir jetzt sei drei Jahren Angehörige. Wir berichten von unseren guten und schlechten Erfahrungen und beraten sie oder geben ihnen Hinweise, die sie übernehmen können oder eben nicht. Ich als Betroffene freue mich schon lange wieder am Leben, an meiner Arbeit, meinen Freund:innen und an meinem Kater Giacometti. Ich lese gern, höre sehr gern Musik und liebe Filme. Janine: Auch ich freue mich trotz allem immer noch am Leben, lese viel, liebe meinen Kater Basquiat, Rosen, Opern und Countertenöre, japanische und koreanische Filme . Gemeinsam schreiben wir an unserem neuen Buch für Angehörige, in dem wir versuchen, ihnen besser verständlich zu machen und warum manche Betroffene tun, was sie tun und wie Angehörige sich Graf einstellen können, um möglichst viele nutzlose Konflikte zu vermeiden. Arbeitstitel bislang: "Mensch Mama, mach Dir nicht ständig Sorgen um mich!"

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