Janine Berg-Peer/ Juli 18, 2018/ Alle Artikel, Angehörige, EX-IN, Termine, Vorträge/ 0Kommentare

Recovery-Kongress in Bern 2018: Wir als Recoveryteam

Am 27.6.2918 kamen Henriette und ich in Bern an, um am nächsten Tag unseren Vortrag zum Thema Recovery zu halten. Was passiert? Unsere Koffer waren nicht mitgekommen. Klasse. Extrem heiß, total verschwitzt, die Sachen sehen scheußlich aus, aber man möchte doch beim Kongress einigermaßen nett aussehen! Ok, wir konnten dann auf Rechnung von Skyworks wenigstens ein paar Kosmetikartikel und Zahnbürsten kaufen – ist ja das mindeste. Im netten Hotel hat ein Zimmermädchen Mitleid gezeigt und wenigstens unsre Sachen für den nächsten Tag gewaschen und gebügelt. Wir waren ein bisschen gerettet.

Dann durften wir am 28.6.2018  unseren Vortrag auf dem Recoverykongress in Bern halten. Wir hatten uns überlegt, wie wir das gestalten könnten und fanden dann zwei Vorträge nacheinander langweilig. Daher haben wir uns für eine Frage- und Antwort-Version entschieden, um die Zuhörer*innen an unseren jeweiligen Phasen des Umgangs mit der Erkrankung teilnehmen zu lasen. Ich glaube, das kam ganz gut an, weil man gut verstehen konnte, wie es mir oder Henriette mit bestimmten Dingen ging. Das ist ja bei den Betroffenen und ihren Angehörigen unterschiedlich.

Recovery-Kongress in Bern 2018: Wir als Recoveryteam

Vor unserem Vortrag hat zunächst Pat Deegan, Betroffene und Profi und Unternehmerin zugleich, einen beeindruckenden Vortrag gehalten. Wir waren begeistert von ihr – ich habe mich gewundert, warum man von dieser Frau in Deutschland in der Psychiatrieszene kaum etwas hört. Oder habe nur ich nichts von ihr gehört? Ihren Beitrag hänge ich auch weiter unten an. Vor allem ihr Begriff der personalisierten oder auch persönlichen Medizin hat mir gut gefallen.

Danach hat Pat Corrigan aus den USA, Betroffener und Profi, eine herrlichen Vortag über die Arten der Stigmatisierung von psychisch Erkrankten gesprochen. Ich hatte ihn schon einmal gehört und finde es immer wieder bewundernswert, wie Pat es schafft, trotz des ernsten Themas anschaulich und oft auch erheiternd vorzutragen. Pat Corrigan hat übrigens auch ein sehr gutes Textbuch „Coming Out Proud“ geschrieben, in dem es darum geht, wie Betroffene lernen können, ihre Krankheit nicht zu verstecken. Auch sein Vortrag kommt. Dann waren wir dran.

Janine Berg-Peer und Henriette Peer: Keep Cool Mum, mach Dir nicht so viele Sorgen um mich!

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Recovery-Kongress in Bern 2018: Wir als Recoveryteam

Leider schafft es mein System nicht, die anderen Vorträge hochzuladen. Sie finden Sie, wenn Sie im Internet suchen: Vierter Internationaler Psychiatriekongress zu seelischer Gesundheit und Recovery. Gleich auf der ersten Seite wurden viele Vorträge hochgeladen. Sehr interessant, wir konnten leider nicht alle hören, weil wir gleich am nächsten Tag wieder losmussten.

Es war ein äußerst interessanter Kongress, wir haben viele Menschen kennen gelernt, die wir teilweise nur aus Veröffentlichungen kannte, Henriette konnte sich mit vielen Peer-Berater*innen austauschen, mit denen sie sicher in Kontakt bleibt.

Abends gab es eine herrliche Party & Disco in einer tollen Location mitten in Bern. Henriette hat mich mitgeschleppt, was ich erst nicht wollte, aber dann sehr genossen habe, weil vor allem die jungen Genesungsbegleiterinnen einfach eine Freude waren.

Zum Thema Koffer nicht mitgekommen: Als wir vier Wochen vorher auf Lanzarote angekommen waren, kamen unsere Koffer auch nicht mit. Passiert uns das jetzt immer? Ist das unser Karma? Oder haben wir jetzt alles Schlechte abgearbeitet? Wir berichten.

Bis zum nächsten Mal

 

 

 

 

 

 

Über Janine Berg-Peer

Wir bieten monatlich kostenlose Online-Gruppen für Angehörige an. Jeder kann sich anmelden. Termin finden Sie weiter oben im Blog. Alle zwei Monate bieten wir auch englische Online-Gruppen an. Janine: Seit 65 Jahren bin ich Angehörige: Meine Mutter litt an einer bipolaren Erkrankung und meine Tochter erhielt vor 28 Jahren die Blitzdiagnose (zehn Minuten) Schizophrenie. Kurz danach einigten die Profis sich darauf, dass sie an einer bipolaren Erkrankung leidet. Wir hatten gemeinsam schlechte, aber mehr gute Zeiten. Selten sind Menschen mit Krisengefährdung ja immer krank. Henriette: Heute "leide" ich gar nicht mehr an meiner bipolaren Erkrankung. Nein, sie ist nicht weg, aber mir geht es gut mit einer kleinen Dosis an Medikamenten und einem sozialen und sozialpsychiatrischen Netzwerk, das mich stützt. Ich arbeite seit über zehn Jahren als Genesungsbegleiterin, zunächst als ambulante Betreuerin, jetzt seit drei Jahren im Krankenhaus, was mir sehr viel Spaß macht. Dazu gehören auch Workshops mit Polizei, Angehörigen oder auch Pflegeschüler:innen. Gemeinsam unterstützen wir jetzt sei drei Jahren Angehörige. Wir berichten von unseren guten und schlechten Erfahrungen und beraten sie oder geben ihnen Hinweise, die sie übernehmen können oder eben nicht. Ich als Betroffene freue mich schon lange wieder am Leben, an meiner Arbeit, meinen Freund:innen und an meinem Kater Giacometti. Ich lese gern, höre sehr gern Musik und liebe Filme. Janine: Auch ich freue mich trotz allem immer noch am Leben, lese viel, liebe meinen Kater Basquiat, Rosen, Opern und Countertenöre, japanische und koreanische Filme . Gemeinsam schreiben wir an unserem neuen Buch für Angehörige, in dem wir versuchen, ihnen besser verständlich zu machen und warum manche Betroffene tun, was sie tun und wie Angehörige sich Graf einstellen können, um möglichst viele nutzlose Konflikte zu vermeiden. Arbeitstitel bislang: "Mensch Mama, mach Dir nicht ständig Sorgen um mich!"

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