Janine Berg-Peer/ Mai 24, 2014/ Alle Artikel, Termine/ 0Kommentare

greeksalad-160-120Hallo Griechen, wir kommen! EUFAMI-Tagung in Athen 2014

Lange Vorbereitungen, mehrere Aufsätze und Lesungen und natürlich das Wichtigste: Der Friseurbesuch. Aber jetzt geht´s wirklich los. MT hat mich noch genervt, weil sie wieder 28 T-Shirts mitnehmen wollte (für jeden Tag 2), aber das konnte ich gerade noch einschreiten und auf die Reisegepäckbedingungen von EasyJet hinweisen, die ja auch nicht so üppig sind. Ich habe sie dann auch noch überzeugen können, dass wir dort schöne T-Shirts kaufen können, viel schönere überhaupt, weil wir beide eher die griechische Figur haben, so dass wir in Chania und Athen bestens versorgt sein werden. Dafür hat sie jetzt fünf 600 Seiten-Bände von Stephen King und Koontz ausgesucht, die sicher deutlich schwerer sind als 28 T-Shirts, aber da konnte ich mich nicht durchsetzen. Na, und überhaupt ist ja so ein bisschen Gruseln am Pool mit frischen ausgebackenen Tintenfischringen und Stephen King nicht das Schlechteste.

Nur glückliche Angehörige sind gute Angehörige!

Natürlich reise ich nicht nur zum Vergnügen, sondern auch als Repräsentantin der deutschen Angehörigen zur EUFAMI-Tagung nach Athen. Dort treffen sich Mitglieder aller alle europäischen Angehörigenverbände von Norwegen bis Malta und sogar auch Israel. Von dort kommt immer ein besonders netter emeritierter Mathematikprofessor, mit dem ich mich immer sehr gut verstehe. Thema des diesjährigen Treffens wird sein „Empowering Families of People with Mental Health Problems – Stärkung der Familien mit psychisch Kranken“ und wir werden wieder Vorträge aus vielen Ländern von Angehörigen und Wissenschaftlern hören. Ich darf dieses Mal auch einen Vortrag halten zum Thema „Dürfen Angehörige sich des Lebens freuen?“ Klingt merkwürdig, die Frage, oder? Wer sollte uns das denn verbieten? Aber Angehörige wissen, dass es manchmal nicht leicht für uns ist, uns des Lebens zugreeksalad-160-120 erfreuen. Aber das sollten wir und können wir lernen, darüber werde ich sprechen. Ich bin der Meinung, dass nur glückliche Angehörige auch gute Angehörige sind.

Hallo Griechen, wir kommen! EUFAMI-Tagung in Athen 2014

Organisiert hat das alles unser Kollege und Mitglied des EUFAMI Boards Spyros Zorbas (natürlich, wie sollte ein Grieche auch anders heißen als Zorbas!) Aber unser Spyros ist ein reizender junger Mann, der selbst an ADHS leidet. Dabei weiß ich eigentlich gar nicht, ob er daran leidet, fällt mir gerade auf. Er ist besonders aktiv und besonders fröhlich, hat wunderbare Ideen. Wenn das an ADHS liegt, dann könnten wir in Deutschland auch ein paar mehr ADHD-Angehörige in unserem Verband brauchen :-)! Und außerdem ist er Angehöriger, weil seine Schwester die Diagnose Schizophrenie hat und deshalb hat er einen Geschwisterverband gegründet. Ihr seht, wie kreativ und aktiv er ist. Und er hat uns erzählt, dass sie seit ein paar Jahren alle mit ihren Geschwistern zusammen auf eine kleine griechische Insel fahren und ein bis 2 Wochen Urlaub machen. Anfangs wussten sie nicht, ob das gut klappt, aber es hat allen großen Spaß gemacht und jetzt ist es schon eine Tradition. Warum machen wir eigentlich nie etwas Nettes mit Angehörigen und Betroffenen zusammen? Gut, wir haben keine griechische Insel vor der Tür, dann wäre es eben ein Ausflug zum Hermanns-Denkmal, geht doch auch. Oder gibt es in irgendwelchen Landesverbänden solche Aktivitäten? Und Spyros hat mich und MT (meine Tochter für diejenigen, die den vorherigen Blog nicht gelesen haben!)  gleich mit seiner Mutter und seiner Schwester zum Essen eingeladen, MT freut sich schon. Ich auch.

Hallo Griechen, wir kommen! EUFAMI-Tagung in Athen 2014

Wir werden dort natürlich auch ein schönes Rahmenprogramm haben, Akropolis-Museum inklusive, da gehe sogar ich mit, auch wenn ich mich sonst vor greeksalad-160-120Museumsbesuchen eher drücke. Und außerdem hat uns der griechische Verband eingeladen, da werde ich auch nochmal etwas vortragen und wir besichtigen eine griechische Tagesklinik. Ich bin sehr gespannt auf alles, vor allem weil ich gelesen habe, dass das griechische Gesundheitswesen am Boden liegt wegen der Wirtschaftskrise und dass vor allem die Psychiatrie in besonderem Maße betroffen ist. Ohnehin hat sich die Zahl der Suizide seit der Wirtschaftskrise extrem erhöht. Besonders gern fahre ich natürlich auch deshalb nach Griechenland, weil ich  ins Land meiner Ahnen fahre. Ich komme aus einer Familie, in der alle entweder Papadoupoulos oder Efthymiades hießen. Allerdings sollte ich bei meinem Vortrag in Athen nicht sagen, dass wir Griechen aus Konstantinopel sind…., denn Griechen und Türken haben nicht imemr das beste Verhältnis. Nicht ganz so schlimm wie Ukrainer und Russen, aber etwa so wie Bayern und Niedersachsen. Oder Briten und Iren.

Also: Griechen, wir kommen. Und noch einmal: Kann mir denn niemand sagen, was „Ich habe Angela Merkel nicht gewählt!“ auf griechisch heißt? Wer weiß, ob die Griechen uns immer wohlgesonnen sind. Aber MT meinte, dass vor allem sie, aber auch ich nicht besonders deutsch aussehen, so das mein Ängste unbegründet sind. Auch darüber werde ich berichten.

Yassou!    

Über Janine Berg-Peer

Wir bieten monatlich kostenlose Online-Gruppen für Angehörige an. Jeder kann sich anmelden. Termin finden Sie weiter oben im Blog. Alle zwei Monate bieten wir auch englische Online-Gruppen an. Janine: Seit 65 Jahren bin ich Angehörige: Meine Mutter litt an einer bipolaren Erkrankung und meine Tochter erhielt vor 28 Jahren die Blitzdiagnose (zehn Minuten) Schizophrenie. Kurz danach einigten die Profis sich darauf, dass sie an einer bipolaren Erkrankung leidet. Wir hatten gemeinsam schlechte, aber mehr gute Zeiten. Selten sind Menschen mit Krisengefährdung ja immer krank. Henriette: Heute "leide" ich gar nicht mehr an meiner bipolaren Erkrankung. Nein, sie ist nicht weg, aber mir geht es gut mit einer kleinen Dosis an Medikamenten und einem sozialen und sozialpsychiatrischen Netzwerk, das mich stützt. Ich arbeite seit über zehn Jahren als Genesungsbegleiterin, zunächst als ambulante Betreuerin, jetzt seit drei Jahren im Krankenhaus, was mir sehr viel Spaß macht. Dazu gehören auch Workshops mit Polizei, Angehörigen oder auch Pflegeschüler:innen. Gemeinsam unterstützen wir jetzt sei drei Jahren Angehörige. Wir berichten von unseren guten und schlechten Erfahrungen und beraten sie oder geben ihnen Hinweise, die sie übernehmen können oder eben nicht. Ich als Betroffene freue mich schon lange wieder am Leben, an meiner Arbeit, meinen Freund:innen und an meinem Kater Giacometti. Ich lese gern, höre sehr gern Musik und liebe Filme. Janine: Auch ich freue mich trotz allem immer noch am Leben, lese viel, liebe meinen Kater Basquiat, Rosen, Opern und Countertenöre, japanische und koreanische Filme . Gemeinsam schreiben wir an unserem neuen Buch für Angehörige, in dem wir versuchen, ihnen besser verständlich zu machen und warum manche Betroffene tun, was sie tun und wie Angehörige sich Graf einstellen können, um möglichst viele nutzlose Konflikte zu vermeiden. Arbeitstitel bislang: "Mensch Mama, mach Dir nicht ständig Sorgen um mich!"

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