Janine Berg-Peer/ April 16, 2014/ Alle Artikel/ 0Kommentare

bernau-blumen-250Schizophrenie ist scheiße, Mama! Lesung in der Mimose in Bernau am 9.4.2014

Mit der S-Bahn nach Bernau, die sich natürlich verspätete, weil am Gesundbrunnen ein großes Polizeiaufgebot  samt Feuerwehr war. Wir rechneten mit 60 Minuten Verspätung, aber unsere Freunde und Helfer haben die das Drama offenbar schnell und effizient gelöst. In Bernau wurde ich freundlich von Frau Thiel und ihrem Mann abgeholt und wir fuhren zum Club 23. Ein schönes altes Fabrikgebäude, das wieder als Veranstaltungsort aufgebaut war. Frau Thiel leistet in Bernau etwas Großartiges: Sie hat dort einen Angehörigenverein aufgebaut, ist in regem Kontakt mit der örtliche Klinik und den anderen regionalen Anbietern von sozialpsychiatrischen Dienstleistungen.

Schizophrenie ist scheiße, Mama! Lesung in der Mimose in Bernau 

Bernau und die Region sind nicht gut ausgestattet, der örtliche Sozialpsychiatrische Dienst hat nicht einmal einen Arzt. Aber dafür ist de Arbeit von Frau Thiel und Mitarbeiterinnen der Klinik umso höher einzuscätzen. bernau-blumen-250Nach der Lesung berichtete eine Psychiatrieschwester, dass sie dort sehr engagiert nach neuen Wegen zur besseren Unterstützung von Betroffenen suchen und versuchen (müssen), die Angebote mit den finanziellen Möglichkeiten in Übereinstimmung zu bringen. Die Krankenschwester erzählte auch, dass sie Seminare für Angehörige anbieten, zusammen mit dem Verein von Frau Thiel, in denen sie genau ansprechen, was ich für so wichtig ahlte: Wie gehe ich im Alltag gut mit meinem erkrankten Kind oder Partner um. Sie machten sogar Rollenspiele, lachte Frau Thiel. Das finde ich großartig, das ist genau die praxis- und realitätsnahe Unterstützung, die wir Angehörigen brauchen.

Schizophrenie ist scheiße, Mama! Lesung in der Mimose in Bernau 

Der Saal war gut gefüllt und die Zuhörer/innen waren geduldig und sehr freundlich. Im Anschluss an die Lesung haben wir noch eine Weile diskutiert. Es geht oft um ähnliche Fragen: Mein Sohn nimmt keine Hilfe an, meine Tochter geht nicht in die Klinik, die Tabletten machen zu bernau-blumen-250müde. Auch wieder ein Thema war die Frage, ob man die Krankheit öffentlich machen soll und kann oder nicht. Ich bin ja immer für Offenheit, verstehe aber auch, dass manche Menschen vorsichtig sind. Leider wurde auch von negativen Erfahrungen berichtet, wo tatsächlich im Internet eine Betroffene diffamiert wurde. Aber wir wissen auch, d ass das auch gesunden Menschen passieren kann. Es bleibt eine schwierige und persönliche Entscheidung. Überall sind wir Angehörigen mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Da es kein Krisentelefon gibt, ist dort in der Region Frau Thiel das Krisentelefon! Ich bin immer wieder von vielen Angehörigen beeindruckt, wie sie, trotz aller Schwierigkeiten, nicht nur ihr eigenes Leben meistern, sondern sich auch noch für viele anderen engagieren.

Ich danke Frau Thiel und den vielen Zuhörer/innen für die Einladung. Und für den wunderschönen Blumenstrauss!

Über Janine Berg-Peer

Wir bieten monatlich kostenlose Online-Gruppen für Angehörige an. Jeder kann sich anmelden. Termin finden Sie weiter oben im Blog. Alle zwei Monate bieten wir auch englische Online-Gruppen an. Janine: Seit 65 Jahren bin ich Angehörige: Meine Mutter litt an einer bipolaren Erkrankung und meine Tochter erhielt vor 28 Jahren die Blitzdiagnose (zehn Minuten) Schizophrenie. Kurz danach einigten die Profis sich darauf, dass sie an einer bipolaren Erkrankung leidet. Wir hatten gemeinsam schlechte, aber mehr gute Zeiten. Selten sind Menschen mit Krisengefährdung ja immer krank. Henriette: Heute "leide" ich gar nicht mehr an meiner bipolaren Erkrankung. Nein, sie ist nicht weg, aber mir geht es gut mit einer kleinen Dosis an Medikamenten und einem sozialen und sozialpsychiatrischen Netzwerk, das mich stützt. Ich arbeite seit über zehn Jahren als Genesungsbegleiterin, zunächst als ambulante Betreuerin, jetzt seit drei Jahren im Krankenhaus, was mir sehr viel Spaß macht. Dazu gehören auch Workshops mit Polizei, Angehörigen oder auch Pflegeschüler:innen. Gemeinsam unterstützen wir jetzt sei drei Jahren Angehörige. Wir berichten von unseren guten und schlechten Erfahrungen und beraten sie oder geben ihnen Hinweise, die sie übernehmen können oder eben nicht. Ich als Betroffene freue mich schon lange wieder am Leben, an meiner Arbeit, meinen Freund:innen und an meinem Kater Giacometti. Ich lese gern, höre sehr gern Musik und liebe Filme. Janine: Auch ich freue mich trotz allem immer noch am Leben, lese viel, liebe meinen Kater Basquiat, Rosen, Opern und Countertenöre, japanische und koreanische Filme . Gemeinsam schreiben wir an unserem neuen Buch für Angehörige, in dem wir versuchen, ihnen besser verständlich zu machen und warum manche Betroffene tun, was sie tun und wie Angehörige sich Graf einstellen können, um möglichst viele nutzlose Konflikte zu vermeiden. Arbeitstitel bislang: "Mensch Mama, mach Dir nicht ständig Sorgen um mich!"

Hinterlasse eine Kommentar