Janine Berg-Peer/ Mai 23, 2013/ Angehörige/ 0Kommentare

templebar-160-120Auf nach Dublin

Ich freue mich, gleich kommt das Taxi und es geht los. Noch schnell eine Tasse Espresso mit der Netten Katzensitterin, die in meiner Wohnung wohnen wird. Heute fliege ich nach Dublin. Nicht das erste Mal Irland, aber das erste Mal Dublin. Ich bin gespannt. Gespannt aber auch auf die interessante Konferenz, an der ich teilnehmen kann. Angehörige von psychisch Kranken aus ganz Europe können sich Vorträge anhören und in Workshops diskutieren und – last but not least – sich über ihre Erfahrungen austauschen. Wie kommt es nur, dass die Erfahrungen von Angehörigen über ganz Europa sich so wenig unterscheiden? Wenig Unterstützung und Information durch Psychiater und Therapeuten, wenig sinnvolle Projekte der Vor- und Nachsorge. Die Psychiatrie – oder sollte man sagen – die psychisch Kranken – (bleibt) bleiben ein Stiefkind der Medizin. 

Auf nach Dublin: Gute Zukunftsaussichten?

Aber vielleicht werde ich überrascht werden und es werden neue Ansätze auf der politischen Ebene und gute Projekte vorgestellt. Es hat sich ja schon einiges getan in den letzten Jahren. Und auch die Arbeit von den Angehörigenverbänden in allen europäischen Ländern hat viel vorangebracht. Ein Bewusstsein für die Probleme von psychisch Kranken und Mängeln der Versorgung scheint zu steigen. Zumindest liest man in Deutschland öfter über diese Themen, als es vor Jahren noch der Fall war.

Auf nach Dublin: Gute Bekannte wiedersehen05_Angehoerige

Und natürlich freue ich mich auch darauf, viele gute Bekannte wieder zusehen. Solche Treffen machen auch Spaß, weil es so interessant ist, Menschen aus unterschiedlichen Ländern zu treffen, sich auszutauschen und, das möchte ich auch mal betonen, miteinander zu lachen. Nein, Angehörige müssen nicht immer niedergedrückt und unglücklich sein. Das haben wir uns verdient.

Auf nach Dublin: ich berichte weiter

Jetzt geht es zum Flughafen. Schönefeld, schrecklich, aber merkwürdigerweise hätte der Flug deutlich länger gedauert, wenn ich von Tegel aus geflogen wäre. Das muss man nicht verstehen, aber nun fliege ich leider mit Ryan Air. Ein Tipp: Wenn ihr das vermeiden könnt, dann nehmt eine andere Fluglinie. Noch nie habe ich so viele „Sie dürfen nicht“, „Wir nehmen Sie nicht mit, wenn..“, „Keinesfalls mehr Gewicht als…“, „Die Fluglinie hat das Recht,…“, „Sie haben sich verpflichtet…“, „Niemals…“. Und wenn man anrufen will, weil man wissen will, was passiert, wenn der Koffer (aufgegebene)  nicht nur 15 Kilo („Sie haben sich verpflichtet…!“), sondern vielleicht 15 Kilo und 300 Gramm wiegt, dann ruft man garantiert außerhalb der Geschäftszeiten an. Eine wirklich kosmopolitische Arline. Das nächste Mal Dublin nehme ich die längere Strecke in Kauf.

04_FilmeAber egal, ich freue mich. Ich werde selbst den Flughafen Schönefeld überstehen. Wusstet ihr, dass man an diesem Weltstadtflughafen, wenn man umweltbewusst mit den öffentlichen Verkehrsmittel hinfährt, noch ca. 7 Minuten zu Fuß zum Flughafen laufen muss? Mit drei Gepäckstücken? Hab ich heute nicht, aber was wäre wenn? Vermutlich ist die Taxiinnung irgendwie beteiligt. Aber ob ein Taxi einen den 7-Minuten-Fussweg überhaupt mitnimmt? Berliner Taxis schnauzen einen dann nur an.

 

Über Janine Berg-Peer

Wir bieten monatlich kostenlose Online-Gruppen für Angehörige an. Jeder kann sich anmelden. Termin finden Sie weiter oben im Blog. Alle zwei Monate bieten wir auch englische Online-Gruppen an. Janine: Seit 65 Jahren bin ich Angehörige: Meine Mutter litt an einer bipolaren Erkrankung und meine Tochter erhielt vor 28 Jahren die Blitzdiagnose (zehn Minuten) Schizophrenie. Kurz danach einigten die Profis sich darauf, dass sie an einer bipolaren Erkrankung leidet. Wir hatten gemeinsam schlechte, aber mehr gute Zeiten. Selten sind Menschen mit Krisengefährdung ja immer krank. Henriette: Heute "leide" ich gar nicht mehr an meiner bipolaren Erkrankung. Nein, sie ist nicht weg, aber mir geht es gut mit einer kleinen Dosis an Medikamenten und einem sozialen und sozialpsychiatrischen Netzwerk, das mich stützt. Ich arbeite seit über zehn Jahren als Genesungsbegleiterin, zunächst als ambulante Betreuerin, jetzt seit drei Jahren im Krankenhaus, was mir sehr viel Spaß macht. Dazu gehören auch Workshops mit Polizei, Angehörigen oder auch Pflegeschüler:innen. Gemeinsam unterstützen wir jetzt sei drei Jahren Angehörige. Wir berichten von unseren guten und schlechten Erfahrungen und beraten sie oder geben ihnen Hinweise, die sie übernehmen können oder eben nicht. Ich als Betroffene freue mich schon lange wieder am Leben, an meiner Arbeit, meinen Freund:innen und an meinem Kater Giacometti. Ich lese gern, höre sehr gern Musik und liebe Filme. Janine: Auch ich freue mich trotz allem immer noch am Leben, lese viel, liebe meinen Kater Basquiat, Rosen, Opern und Countertenöre, japanische und koreanische Filme . Gemeinsam schreiben wir an unserem neuen Buch für Angehörige, in dem wir versuchen, ihnen besser verständlich zu machen und warum manche Betroffene tun, was sie tun und wie Angehörige sich Graf einstellen können, um möglichst viele nutzlose Konflikte zu vermeiden. Arbeitstitel bislang: "Mensch Mama, mach Dir nicht ständig Sorgen um mich!"

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