Janine Berg-Peer/ April 19, 2016/ Alle Artikel, Angehörige/ 0Kommentare

Weisse Geranien

Weisse Geranien

Wo bleiben die Schwerkranken?

Der Vorstand des Landesverbands Hamburg, Dr. Hans-Joachim Meyer, hat zusammen mit dem BApK einen Aufruf initiiert, in dem es darum geht, Menschenwürde zu wahren, Zwangseinweisung zu vermeiden und aufsuchende Hilfen zu stärken. Ich unterstütze diesen Aufruf, weil ich weiß, dass es zwar viele Betroffene gibt, die trotz ihrer Grunderkrankung ein gutes und selbstbestimmtes Leben führen können, dass aber mindestens ebenso Viele dazu nicht in der Lage sind und mehr Unterstützung und Solidarität brauchen. Wenn Sie sich diesem Gedanken anschließen können, bitte ich Sie um Unterstützung und Unterschrift. Sie können den Aufruf auch auf der Webseite des BApK finden – www.bapk.de.

Wo bleiben die Schwerkranken?

Hier finden Sie den Wortlaut des Aufrufs:

Menschenwürde wahren, Zwangseinweisung vermeiden, aufsuchende Hilfen stärken

Gemeinsamer Aufruf von Landesverbänden der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen: An alle Verantwortlichen in Politik, Verwaltung, Psychiatrie und Krankenversicherung

Das psychiatrische Versorgungssystem weist gravierende Lücken auf. Gerade schwerkranke Menschen, die ihre Hilfsbedürftigkeit nicht erkennen oder die nicht in der Lage sind, Hilfen einzufordern, werden vom Versorgungssystem nicht erreicht. Als Grund wird angeführt, es sei  nicht möglich, ohne die Zustimmung des kranken Menschen irgendetwas zu unternehmen, seine Autonomie sei zu respektieren. Als Folge fehlender Behandlung kommt es nicht selten zu Zwangseinweisungen, Einweisung in die Forensik, schweren Schäden der materiellen oder sozialen Situation.

Wir sind der Meinung: Gerade der Respekt vor Würde und Autonomie eines psychisch kranken Menschen erfordert es, alles zu tun, um ihn möglichst vor potentiell entwürdigenden Maßnahmen wie Zwangseinweisung und Zwangsbehandlung zu bewahren. Respekt vor der Autonomie eines psychisch kranken Menschen darf keine Entschuldigung für Untätigkeit sein.

Wo bleiben die Schwerkranken?

Wir fordern: Das psychiatrische Versorgungssystem ist weiter zu entwickeln. Es sind aufsuchende Hilfsangebote zu schaffen. Es sind auch dann Hilfen anzubieten, wenn der psychisch kranke Mensch sie nicht selbst anfordert oder zunächst sogar ablehnt.

Ziel muss sein, ohne Zwang die Zustimmung des kranken Menschen zu einer Hilfe zu erreichen. Es müssen Hilfsangebote so beschaffen sein, dass schwerkranke Menschen sie annehmen können. Eine Klinikeinweisung mit Zustimmung des kranken Menschen schafft eine bessere Grundlage für die therapeutische Arbeit als eine Zwangseinweisung.

Bitte unterstützen Sie unsere  Forderung,  unterzeichnen Sie diesen Aufruf, als  Vertreter einer Institution oder als Einzelperson, verbreiten Sie diesen Aufruf weiter.

Teilen Sie Ihre Unterstützung mit durch eine E-mail an drhjmeyer@t-online.de

Damit erklären Sie Ihr Einverständnis, als Unterstützer auf dieser Website genannt zu werden

Unterzeichnungen per Briefpost oder handschriftliche Unterzeichnerlisten auch an: Landesverband der Angehörigen psychisch Kranker e.V., Wichmannstr. 4 Haus 2, 22607 Hamburg

Hier finden Sie einen Artikel von Dr. Meyer aus den Sozialpsychiatrischen Informationen, in dem der Hintergrund und die Ziele unseres Aufrufs noch einmal sehr gut dargestellt werden.

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Es haben sich bislang nicht nur Angehörige, sondern auch viele in der Psychiatrie Tätige unserem Aufruf angeschlossen. Ich hoffe auf viele weitere Unterstützer/innen.

 

 

Über Janine Berg-Peer

Wir bieten monatlich kostenlose Online-Gruppen für Angehörige an. Jeder kann sich anmelden. Termin finden Sie weiter oben im Blog. Alle zwei Monate bieten wir auch englische Online-Gruppen an. Janine: Seit 65 Jahren bin ich Angehörige: Meine Mutter litt an einer bipolaren Erkrankung und meine Tochter erhielt vor 28 Jahren die Blitzdiagnose (zehn Minuten) Schizophrenie. Kurz danach einigten die Profis sich darauf, dass sie an einer bipolaren Erkrankung leidet. Wir hatten gemeinsam schlechte, aber mehr gute Zeiten. Selten sind Menschen mit Krisengefährdung ja immer krank. Henriette: Heute "leide" ich gar nicht mehr an meiner bipolaren Erkrankung. Nein, sie ist nicht weg, aber mir geht es gut mit einer kleinen Dosis an Medikamenten und einem sozialen und sozialpsychiatrischen Netzwerk, das mich stützt. Ich arbeite seit über zehn Jahren als Genesungsbegleiterin, zunächst als ambulante Betreuerin, jetzt seit drei Jahren im Krankenhaus, was mir sehr viel Spaß macht. Dazu gehören auch Workshops mit Polizei, Angehörigen oder auch Pflegeschüler:innen. Gemeinsam unterstützen wir jetzt sei drei Jahren Angehörige. Wir berichten von unseren guten und schlechten Erfahrungen und beraten sie oder geben ihnen Hinweise, die sie übernehmen können oder eben nicht. Ich als Betroffene freue mich schon lange wieder am Leben, an meiner Arbeit, meinen Freund:innen und an meinem Kater Giacometti. Ich lese gern, höre sehr gern Musik und liebe Filme. Janine: Auch ich freue mich trotz allem immer noch am Leben, lese viel, liebe meinen Kater Basquiat, Rosen, Opern und Countertenöre, japanische und koreanische Filme . Gemeinsam schreiben wir an unserem neuen Buch für Angehörige, in dem wir versuchen, ihnen besser verständlich zu machen und warum manche Betroffene tun, was sie tun und wie Angehörige sich Graf einstellen können, um möglichst viele nutzlose Konflikte zu vermeiden. Arbeitstitel bislang: "Mensch Mama, mach Dir nicht ständig Sorgen um mich!"

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