Janine Berg-Peer/ April 26, 2014/ Alle Artikel/ 0Kommentare

radieschen-160-120Reise nach Milos. Oder Chios. Oder Athen.

Es geht los, wir sind bei den Reisevorbereitungen. Wer? Meine Tochter und ich. Und da beginnt das Problem. Zwei Menschen, die sich nicht entscheiden können, planen eine Reise. Also Athen stand ja fest, denn da muss ich bei der nächsten EUFAMI-Konferenz einen Vortrag halten. Das ist nicht das Problem. Aber natürlich wollen wir nicht 14 Tage in dem versmogten Athen bleiben, so schön auch der Parthenon und die Plaka auch sein mögen. Wir wollen auch etwas von dem Athen mit blauem Meer, den weissgetünchten Häusern und den blauen wackeligen Holzstühlen mitbekommen, auf denen man dann sitzen und frisch gefangenen und in Öl ausgebackenen Fisch essen kann, dazu ein rote saftige Tomate in Scheiben, weisse Zwiebelringe und darüber dickflüssiges grünes Öl und ein paar krümelige Salzstückchen darauf. So liebe ich mein Griechenland. Dazu gehört noch der alte Grieche mit klickenden Perlen, der dort Stunden um Stunden sitzt und dem städtischen Touristen Weisheiten über ein entschleunigtes Leben anbietet. Denn, wie wir wissen, macht ja Geld nicht glücklich, sondern viel, viel Zeit und liebe Menschen, die man immer um sich hat.

Reise nach Milos. Oder Chios. Oder Athen.

Vielleicht war das vor 15 Jahren so, aber jetzt nehme ich an, dass der Kellner, der den frischen Fisch bringt, ein arbeitslos gewordener Ingenieur aus blaubeeren-160-120Thessaloniki ist und die beiden jungen Schnösel, die sich vor der Taverne herumtreiben, wenig Weises von sich geben, sondern Mitglieder der Morgenröte sind und auf die Troika und Chancellor Merkel schimpfen. Und dass Geld nicht glücklich macht, wird uns 2014 kein Grieche mehr erzählen, egal wie entschleunigt er lebt. Das war auch so ein Problem, das mit den Griechen und Angela Merkel. Also ich habe sie nicht gewählt und kann nichts dafür, aber wer weiß, ob der Grieche heute so differenziert die Dinge betrachtet. Aber Spyros, unser griechischer junger Konferenzorganisator hat behauptet, dass die Griechen sich auf uns freuen. Aber ob er da an mich gedacht hat? Ich bin die einzige Deutsche, die anderen kommen aus Norwegen, Frankreich, Schweden, Finnland, Irland, England, Israel, Italien, Dänemark, Malta, Spanien und Italien. Auch Vitautas aus Litauen wird dabei sein. Vielleicht werden die Griechen  mir gnädig gesinnt sein, weil ich nicht so deutsch aussehe und ja auch überhaupt mein Großvater Grieche war. Und meine Tochter sieht sowieso nicht deutsch aus.

Reise nach Milos. Oder Chios. Oder Athen.

artischocke-160-120Bleibt die Wahl der Zielorts vor oder nach der Konferenz. Spyros hat Donoussa vorgeschlagen, ein klitzekleines Inselchen nicht weit von Athen. Das geht leider gar nicht. Meine Tochter hat sofort gegoogelt und festgestellt: es gibt kein WLAN, kein Hotel mit Schwimmbad und vor allem kein Kino. Ich finde, sie spinnt, aber sie will, wo auch immer sie ist, auch ins Kino gehen können. Also hat sie weiter gegoogelt und ich habe zuhause auch weiter gegoogelt und jetzt schicken wir uns immer gegenseitig hinreissende Hotels zu und können uns nicht entscheiden. Es gibt nichts Schlimmeres als eine große Auswahl und den Zwang, sich zu entscheiden. Aber eins ist klar: Ohne WLAN geht gar nichts, das gilt für uns Beide. Denn wir fahren ja da nicht nur zum Ausruhen hin, sondern wir wollen auch Schreiben.

Reise nach Milos. Oder Chios. Oder Athen.

Denn jetzt wird das Exposé gerade ein bisschen umgeändert, denn wir wollen das nächste Buch zusammen schreiben. Ein Mutter-Tochter-Projekt. Ich freue mich darauf. Wir haben schon mehrere sehr kreative Sessions hinter uns. Ich bin gespannt. Vor allem, wohin wir dann tatsächlich reisen werden.

 

 

 

 

Über Janine Berg-Peer

Wir bieten monatlich kostenlose Online-Gruppen für Angehörige an. Jeder kann sich anmelden. Termin finden Sie weiter oben im Blog. Alle zwei Monate bieten wir auch englische Online-Gruppen an. Janine: Seit 65 Jahren bin ich Angehörige: Meine Mutter litt an einer bipolaren Erkrankung und meine Tochter erhielt vor 28 Jahren die Blitzdiagnose (zehn Minuten) Schizophrenie. Kurz danach einigten die Profis sich darauf, dass sie an einer bipolaren Erkrankung leidet. Wir hatten gemeinsam schlechte, aber mehr gute Zeiten. Selten sind Menschen mit Krisengefährdung ja immer krank. Henriette: Heute "leide" ich gar nicht mehr an meiner bipolaren Erkrankung. Nein, sie ist nicht weg, aber mir geht es gut mit einer kleinen Dosis an Medikamenten und einem sozialen und sozialpsychiatrischen Netzwerk, das mich stützt. Ich arbeite seit über zehn Jahren als Genesungsbegleiterin, zunächst als ambulante Betreuerin, jetzt seit drei Jahren im Krankenhaus, was mir sehr viel Spaß macht. Dazu gehören auch Workshops mit Polizei, Angehörigen oder auch Pflegeschüler:innen. Gemeinsam unterstützen wir jetzt sei drei Jahren Angehörige. Wir berichten von unseren guten und schlechten Erfahrungen und beraten sie oder geben ihnen Hinweise, die sie übernehmen können oder eben nicht. Ich als Betroffene freue mich schon lange wieder am Leben, an meiner Arbeit, meinen Freund:innen und an meinem Kater Giacometti. Ich lese gern, höre sehr gern Musik und liebe Filme. Janine: Auch ich freue mich trotz allem immer noch am Leben, lese viel, liebe meinen Kater Basquiat, Rosen, Opern und Countertenöre, japanische und koreanische Filme . Gemeinsam schreiben wir an unserem neuen Buch für Angehörige, in dem wir versuchen, ihnen besser verständlich zu machen und warum manche Betroffene tun, was sie tun und wie Angehörige sich Graf einstellen können, um möglichst viele nutzlose Konflikte zu vermeiden. Arbeitstitel bislang: "Mensch Mama, mach Dir nicht ständig Sorgen um mich!"

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