Janine Berg-Peer/ Februar 10, 2018/ Alle Artikel, Angehörige, Termine/ 0Kommentare

Focus-Online: Mein Leben mit meiner schizophrenen Tochter

Heute erschien auf Focus-Online ein Artikel, den ich über mein Leben mit meiner Tochter geschrieben habe. Natürlich freut es eine Autorin, wenn ihr Buch und ihr Thema für wichtig genug gehalten wird (32.000 Menschen habe es bis zum 9.2.18 angesehen). Aber das Wichtigste ist für mich, dass wir alle, Betroffene, Angehörige, Profis unsere Erfahrungen mit psychischen Erkrankungen öffentlich machen. Überlassen wir es nicht den anderen, den Medien, dem akademischen Stammtisch, den Vorurteilsbehafteten, sich ein Bild von psychisch Erkrankten zu machen. Wir zeigen, wer wir sind, auch wenn wir ganz unterschiedliche Erfahrungen machen und unterschiedliche Standpunkte einnehmen. Das ist nämlich normal. Genau so, wie psychisch Erkrankte auch ganz normale Menschen sind, nur eben Menschen mit einer Krankheit. Und sie sind auch genau so unterschiedlich wie alle anderen Menschen. Und ihnen helfen auch ganz unterschiedliche Therapien, Lebensweisen, Helfer und Helferinnen. Niemand kann wissen, was das „Richtige“ ist.

Übrigens: Der Titel stammt nicht von mir, das machen die Redakteure immer ganz allein. Meine Tochter ist und war niemals ein schizophrener Mensch, sondern ein Mensch, der diese Diagnose erhielt. Das trifft auch auf alle anderen Menschen mit einer psychischen Erkrankung zu. Die Diagnose macht nur einen Aspekt ihrer Persönlichkeit aus, daher sind sie niemals „schizophrene Menschen“.

Focus-Online: Mein Leben mit meiner schizophrenen Tochter

Also, traut euch, liebe Angehörige, versteckt euch nicht. Das gleiche gilt auch für Betroffene: Versteckt euch nicht, das macht nur einsam. zeigt euch, und dann werden auch Menschen sehen, wie viele wundervolle und klug und sensible, aber genau so auch weniger wundervolle, weniger kluge und weniger sensible Menschen an einer solchen Krankheit erkranken können. Psychisch Erkrankte sind nicht besser als andere Menschen, aber sie sind bestimmt auch nicht schlechter. Das gilt ebenso für uns Angehörige: Wir sind keine besseren Eltern, aber sicher auch keine schlechteren. Wenn wir nach aussen gehen und damit zeigen, dass es ganz unterschiedliche Mütter und Väter treffen kann, dann wird auch allmählich das Vorurteil verschwinden, dass nur „schlechte Eltern“ psychisch erkrankte Kinder haben.

Focus-Online: Mein Leben mit meiner schizophrenen Tochter

Schizophrenie: Mein Leben mit einer schizophrenen Tochter – FOCUS Online

Bis bald und alles Gute,

Janine berg-Peer

Am 19.2.2018 halte ich in Wolfsburg einen Vortrag zum Thema „Aufopfern ist keine Lösung“. Hat noch jemand Interesse, dorthin zu kommen? Die Selbsthilfegruppe Angehörige in Wolfsburg und ich würden uns freuen.

Über Janine Berg-Peer

Wir bieten monatlich kostenlose Online-Gruppen für Angehörige an. Jeder kann sich anmelden. Termin finden Sie weiter oben im Blog. Alle zwei Monate bieten wir auch englische Online-Gruppen an. Janine: Seit 65 Jahren bin ich Angehörige: Meine Mutter litt an einer bipolaren Erkrankung und meine Tochter erhielt vor 28 Jahren die Blitzdiagnose (zehn Minuten) Schizophrenie. Kurz danach einigten die Profis sich darauf, dass sie an einer bipolaren Erkrankung leidet. Wir hatten gemeinsam schlechte, aber mehr gute Zeiten. Selten sind Menschen mit Krisengefährdung ja immer krank. Henriette: Heute "leide" ich gar nicht mehr an meiner bipolaren Erkrankung. Nein, sie ist nicht weg, aber mir geht es gut mit einer kleinen Dosis an Medikamenten und einem sozialen und sozialpsychiatrischen Netzwerk, das mich stützt. Ich arbeite seit über zehn Jahren als Genesungsbegleiterin, zunächst als ambulante Betreuerin, jetzt seit drei Jahren im Krankenhaus, was mir sehr viel Spaß macht. Dazu gehören auch Workshops mit Polizei, Angehörigen oder auch Pflegeschüler:innen. Gemeinsam unterstützen wir jetzt sei drei Jahren Angehörige. Wir berichten von unseren guten und schlechten Erfahrungen und beraten sie oder geben ihnen Hinweise, die sie übernehmen können oder eben nicht. Ich als Betroffene freue mich schon lange wieder am Leben, an meiner Arbeit, meinen Freund:innen und an meinem Kater Giacometti. Ich lese gern, höre sehr gern Musik und liebe Filme. Janine: Auch ich freue mich trotz allem immer noch am Leben, lese viel, liebe meinen Kater Basquiat, Rosen, Opern und Countertenöre, japanische und koreanische Filme . Gemeinsam schreiben wir an unserem neuen Buch für Angehörige, in dem wir versuchen, ihnen besser verständlich zu machen und warum manche Betroffene tun, was sie tun und wie Angehörige sich Graf einstellen können, um möglichst viele nutzlose Konflikte zu vermeiden. Arbeitstitel bislang: "Mensch Mama, mach Dir nicht ständig Sorgen um mich!"

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